Wertarbeit out, Designwert in?

Wertarbeit, aber kein Designwert? Benzinlabyrinth

Wertewandel, ja Werteverfall. Das Wort hat es in sich. Man hört es, denkt an den Aktienindex und erzittert. Das letzte mal, dass in Deutschland eine Wortschöpfung mit dem Bestandteil „Wert“ Furore machte, ist allerdings schon etwa hundert Jahre her: „Wertarbeit“, die Älteren erinnern sich. Gemeint war natürlich die deutsche. Mit diesem Kampfbegriff wollte der Werkbund auf dem Weltmarkt punkten. Und das klappte sogar. Toll. Aber das ist eben lange her, außerdem moralisch und zieht nicht mehr. Ist das eigentlich nicht schade?

Aber nun hat wieder mal ein ganz Schlauer, nämlich der Designfunktionär Peter Zec, die Doppelbedeutung des Wortes genutzt und fast scheint es: Er hat den Gral entdeckt, den die Designritter so lange gesucht, aber sich dabei immer nur vergeblich die Köpfe eingeschlagen haben. Dieser Tausendsassa hat ihn entdeckt, den „Designwert“ (und natürlich ein Buch gleichen Titels darüber geschrieben – wir berichteten). Dabei sind ihm sicherlich die hervorragenden verbalen Hafteigenschaften der Wortteile zugute gekommen, die wie Pattex zusammenkleben. „Design“ und „Wert“, das klingt nicht etwa wie eine an den Spiegel genagelte Schwarzwälder Kirschtorte, nein, das ist ein guter Freund, der wie zufällig gerade mal um die Ecke kommt und den man schon ewig zu kennen glaubt. Man muss ihm nur trauen, diesem  Hallodri. Aber wo und wie wurde er überhaupt entdeckt? Das war eben an diesem ausgefuchsten  „red dot institute for advanced design studies“, das im südwestlichen Ruhrgebiet beheimatet ist.  Dort, wo früher Kohle (sic!) geschürft wurde, kümmert man sich heutzutage um „die Innovationsstärke eines Unternehmens, Qualitätsleistung und Kundennutzen“ –, was fast auf  dasselbe hinausläuft. Na, das ist doch prima. Und „all diese Werte“, so die Experten, „spiegeln sich  im Design eines Produktes und in der Kommunikation des Unternehmens wider – oder auch  nicht.“ Wer hätte das denn je gedacht?

Apropos denken. Man erinnert sich an ein anderes, etwas älteres Buch. Karl Marx. Das Kapital. Das stand früher im Ruhrgebiet mit gutem Grund in allen Stadtbibliotheken, und es wurde viel darin geschmökert. Darin fanden sich schon ähnliche Stellen: „Durch die Betätigung der Arbeitskraft,“ schrieb das Superhirn Marx damals, „wird nicht nur ihr eigener Wert reproduziert, sondern ein überschüssiger Wert produziert.“ Na, sieh mal einer an! Und „dieser Mehrwert bildet den Überschuss des Produktenwerts über den Wert der verzehrten Produktbildner, d. h. der Produktionsmittel und der Arbeitskraft.“ Da haben wir es doch; und wer wäre denn wohl ein besserer „Produktbildner“ als der Designer? Steckt doch schon im Namen! Deshalb ist er eben auch so eine sprudelnde Marx’sche Überschussquelle. Quod erat demonstrandum! Darauf konnte Marx natürlich nicht kommen, weil es ja seinerzeit noch gar keine Vollzeitdesigner gab (und die, die es gab, auch noch ganz anders hießen). Er konnte ja nicht alles wissen.

Dafür gibt es jetzt diesen Designwert und die dazugehörge Formel (mit Klammern und Bruchstrich), wahrscheinlich in Eigenleistung nach Dienstschluss erstellt. Eine kompakte Designprofitermittlungsmaschine made in Germany, für die der Hersteller die gesetzlich vorgeschriebene Garantie übernimmt. Hat der Designwertlaie erst mal begriffen, wie dieser Apparat funktioniert, kann mit seiner Hilfe sicherlich jeder, der die Grundrechenarten beherrscht und einen hochwertigen Rechenschieber besitzt, auf Heller und Pfennig ausrechnen, was ihm der Deal mit der Schönheit am Ende wirklich gebracht hat.

Und vielleicht frisiert dieser Apparat ja nicht nur die Bilanzen, sondern hilft jedermann, den eigenen Unsinn – auch wenn er von anderen stammt – zu beziffern, bevor Zahlungsunfähigkeit eintritt. Muss man da nicht auch die Bibel noch mal völlig neu lesen?  Zumindest jenen oft völlig missverstandenen Satz: „Mein ist die Rechnung.“ Hat man sich von dem damit verbundenen Erkenntnisschock erst einmal erholt, ist es dringend geboten, dass der Designwert unverzüglich und unter strenger Beachtung der Datensicherheit auf das eigene Konto abgebucht wird. Wobei bei solch komplizierten Operationen natürlich nicht ganz zu vermeiden ist, dass der Verbreitung der bekannten Designlaus, die sich so gerne in unseren Pelz setzt, kräftig Vorschub geleistet wird. Auch dass das Risiko eines Ausbruchs der von ihr verbreiteten Pest dadurch in gewisser Weise erhöht wird, ist leider unvermeidlich. Experten, die sich in dieser Materie exzellent auskennen, betonen jedoch, dieses Restrisiko sei im Grunde zu vernachlässigen.

Wie dem auch sei. Wir bleiben dem Wert, diesem glibbrigen Gesellen, auf der Spur. Und dem Designwert allemal!  bp

Weitere, teilweise ergreifende Erkenntnisse zu diesem spannenden Themenkomplex werden demnächst auf formweh und in einem brandneuen Buch veröffentlicht. Titel: Und kann man darauf auch sitzen? Wie Design funktioniert (250 Seiten, etwa 50 Abbildungen). Das Werk kostet nicht mal 15 Euro

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7 Antworten zu Wertarbeit out, Designwert in?

  1. Marcel sagt:

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  2. Denis sagt:

    Schoener Post, ich komme auf jeden fall regelmaessig

  3. Nils sagt:

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