Da ist sie wieder diese starke Seite der deutschen Sprache, die man, wie alles Brauchbare, für Gutes nutzen oder für Schlechtes missbrauchen kann. Wo die UNO einen International Holocaust Remembrance Day ausruft, der heute begangen wurde, da schnellt dieses offizielle Wortungetüm im Deutschen zum Kompositum Holocaustgedenktag zusammen.
Nur 6 statt 14 Silben, nur 18 statt 34 Buchstaben. Und viel übersichtlicher und dadurch auch eindringlicher. Und darum geht es doch nicht zuletzt. Deshalb ist es das Kompositum der Woche.
Die Nationalsozialisten hatten allerdings ein noch kürzeres und prägnanteres Wort: Endlösung. Das bevorzugen manche Historiker wegen seiner Authentizität und Klarheit. 1881 verlangte Eugen Dühring in seinem populären Aufsatz Die Judenfrage als Rassen-, Sitten- und Kulturfrage als einer der ersten Antisemiten eine „endgültige Lösung der Judenfrage“. Bereits die frühen Antisemiten hatten, ironischerweise parallel zur allmählichen rechtlichen Gleichstellung der Juden, eine Sprache der Entmenschlichung in den öffentlichen Diskurs eingeführt, in der nicht zuletzt mittels biologistischer Metaphern, wie „Ausmerzen“, „Unschädlichmachen“ oder „Ausrotten“, die Bereitschaft zur Vernichtung gedanklich vorbereitet wurde.
Die Hakenkreuzverbrecher, fleißige und treffsichere Begriffsverknüpfer, führten das fort. Auch Worte wurden bei ihnen zu Waffen. Massenerschießung, Bandenbekämpfung und Vergeltungsmaßnahme gehen auf ihr Konto und erweiterten das ohnehin schon ziemlich umfangreiche Vokabular des Unmenschen. Natürlich auch Konzentrationslager. Obwohl die SS-Wachmannschaften dann der Abkürzung KZ den Vorzug gaben, wegen des härteren Klanges. Auch die hatten Sprachgefühl! Mit Wortmonstern wie Bücherverbrennung, Selektionsrampe, Blutschande, Mutterkreuz und Winterhilfswerk errichteten sie auch eine Diktatur der Sprachgewaltt. Lügenpreesse haben sie damals auch schon gern verwendet. bp
Die Muskelbündelrisse von Jerome Boateng (und Steffen Weinhold) mussten leider hintanstehen ..